Der Tierarztvorbehalt für die Anwendung nicht verschreibungspflichtiger Humanhomöopathika bei Tieren ist verfassungswidrig. Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass § 50 Abs. 2 Tierarzneimittelgesetz (TAMG) gegen das Grundgesetz (GG) verstößt und nichtig ist.

Der Fachverband niedergelassener Tierheilpraktiker (FNT) hatte die Anwaltskanzlei Müller und die Tierrechtsakademie gebeten, stellvertretend für den Verband, ein Mitglied des Verbands bei dem Antrag an das Bundesverfassungsgericht zu unterstützen.  Begleitet wurde das Verfahren weiter durch die Tierheilpraktiker ausbildende Lehreinrichtung ATM. Wie sich jetzt herausstellte: Mit Erfolg!

Die Nichtigkeit der Verbotsnorm bedeutet angesichts der Garantie der freien Berufsausübung nichts anderes als die sofortige Zulässigkeit der vorbehaltlosen Anwendung registrierter Humanhomöopathika bei Tieren für alle praktizierenden Tierheilpraktiker.

Nach dem mit Wirkung zum 28. Januar 2022 neu eingeführten § 50 Abs. 2 TAMG durften die Tierheilpraktiker  solche Humanhomöopathika bei Tieren nur noch dann anwenden, wenn sie zuvor von einem Tierarzt verschrieben oder abgegeben worden sind. Dieser in § 50 Abs. 2 TAMG angeordnete Tierarztvorbehalt verletzt die Beschwerdeführerin in ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und, da sie zugleich Tierhalterin ist – auch in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), Der damit verbundene Grundrechtseingriff ist nach der heutigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht verhältnismäßig.

Danach hat der  Gesetzgeber vor dem Hintergrund, dass die Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung von Belangen des Tierschutzes und einer Schädigung der Gesundheit von Tier und Mensch als gering einzuschätzen ist und durch die Einführung einer Pflicht zum Nachweis theoretischer Kenntnisse im Bereich der Tierheilkunde weiter gemindert werden kann, keinen verfassungsrechtlich angemessenen Ausgleich vorgenommen.

Dr. jur. Oliver Herrmann und RA Daniela Müller

Foto: Guido Radig at German Wikipedia